Organistinnen und Organisten sind "Workaholics"; ohne enormen Zeitaufwand kann der Job oft gar nicht erledigt werden. Das gilt häufig speziell für
die sog. Amateur-Organisten, also Organisten ohne umfassende beruliche Ausbildung: Während der "Profi" aufgrund seines Studiums, seiner beruflichen
Erfahrung und seiner während Jahren angehäuften Routine manchmal recht schnell etwas aus dem Ärmel schütteln kann, muss der weniger versierte
"Amateur" sich oft im Schweisse seines Angesichtes auf die ihm gestellten Aufgaben und Aufträge einstellen und vorbereiten.
Die finanzielle Entschädigung eines Organisten für seinen Job oder - etwas feiner ausgedrückt - seine Dienstleistung fällt dann gegenüber dem
zeitlichen Aufwand nicht selten ab und abber. Während die Kundschaft Honorarforderungen eines Fürsprecher, einer Notarin, eines Handwerkers oder
einer Ärztin in der Regel ohne grosses Nachfragen befriedigt, sieht sich der Organist oft mit der Notwendigkeit konfrontiert, seine Honorarforderungen
detailliert und manchmal auch etwas demütigend zu erklären. zu begründen und zu verteidigen. Dazu einige Müsterli:...
Vor 26 Jahren (sic) spielte ich anlässlich eines Trauergottesdienstes. Dafür erhielt ich von der Kirchgemeinde ein
Honorar von
ca. 90 Franken. Zudem spielte eine Flötistin in der Trauerfeier einige Stücke; dafür erhielt sie
300 Franken.
Heute erhalte ich für eine Kasualie (Trauung oder Abdankungsfeier)
200 Franken.
"Meine" Solisten (Instrument, Gesang) erhalten für ihr Mitwirken im Gottesdienst
400 Franken (und halten das in der
Regel für anständig).
Vor Jahren spielte ich an einem Trauergottesdienst im Krematorium Thun, zusammen mit einer Cellistin. Nach dem Gottesdienst kam der Sohn
des Verstorbenen auf die Empore und überreichte uns
je 300 Franken. Ja, er sei Kunstmaler und wisse schon, dass
Musiker und andere Künstler für ihre Einsätze oft ziemlich schäbig entschädigt wüden.
Dieses Jahr wurde ich für eine Trauung in der Stadtkirche angefragt. Die Stückwahl schien exotisch - und damit aufwendig - zu werden; ausserdem
war eine zu begleitende Sängerin vorgesehen. Nachdem ich erklärt hatte, zum Honorar
von 200 Franken seitens der Kirchgemeinde
hätte ich vom Traupaar gerne weitere
100 Franken für meinen zu erwartenden hohen Arbeitsaufwand (dabei wäre die Probe
mit der Sängerin noch inbegriffen gewesen!), verzichtete besagtes Traupaar ohne Angabe von Gründen auf meine Dienste...
Letztes Jahr spielte ich an einer Trauung in Ringgenberg. Das Traupaar hatte einige (zum Glück nicht besonders exotische) Wünsche, und wir
vereinbarten ein Honorar von
400 Franken. Als ich am Samstag die Kirche in Ringgenberg betrat, stellte ich fest,
dass die Orgel eingepackt und in Revision war. Als Ersatz stand ein Positiv bereit. Ich reduzierte darauf meine Honorarforderung auf
300 Franken.
Die Thuner Organisten werden für ihre Einsätze im Krematorium und im Schoren vom Bestattungsamt entlöhnt.
Mitte der 90-er Jahre spielte ich an einer Trauerfeier in der Johanneskirche. Ein geachteter Bürger war gestorben, dementsprechend wurde viel Musik
dargeboten. Ich hatte Solostücke zu spielen sowie einen Chor und einen Trompeter zu begleiten; einen Tag vor der Abdankung meldete sich noch die
Witwe mit einem speziellen Wunsch für das Ausgangsspiel.
Für meinen zeitlich enormen Einsatz überwies mir die Stadt Thun später den Betrag von etwa
105 Franken plus einige Rappen.
Ich wurde so wütend über diese schäbige Honorar, dass ich den Zapfen auf den Rappen genau (ein Fünfräppler war auch darunter) in ein Couvert steckte
und mit einem empörten Schreiben an die Stadt zurückschickte. Darauf schickte mir die Stadt Thun
den vierfachen
Betrag, also rund 420 Franken zurück und erklärte dabei, dies sei ein ein- und letztmaliges Entgegegnkommen ihrer mir gegenüber. In Zukunft
hätte ich Forderungen für zusätzliche Aufwendungen irekt an die Trauerfamilie zu stellen.
Bei Abendmusiken und Orgelmatinées wird jeweils eine Kollekte erhoben. Dabei kommt es mitunter vor, dass eine einzelne Person 50
oder sogar 100 Franken einlegt. Häufiger ist jedoch der Fall, wo eine oder mehrere Personen ihr 5-, 10- und 20-Räpplerfach leeren.
Früher machte ich mir gelegentlich einen Spass daraus, diese ziemlich wertlosen Münzen im Eingang vor der Kirche oder auf dem Trottoir zu verteilen.
Mittleweile bin ich jedoch wieder davon abgekommen, denn...
Wer den Rappen nicht ehrt, der denkt verkehrt!
Ich habe schon recht häufig die Kollekte einer Orgelmatinée - mit entsprechender Ansage vor dem Konzert - einem wohltätigen Zweck zugeführt.
Dabei durfte ich mit Genugtuung immer eine
beachtliche und respektable Spendenbereitschaft seitens der Zuhörerschar
feststellen.
Bei dieser Gelegnheit dürfte es - vor allem für Organistinenn und Organisten - äusserst hilfreich sein, einmal den zeitlichen sowie finanziellen
Aufwand für eine