Hauptseite
Samstag   -   13. Oktober
Ouray
Campground
Der Morgen am Grund des Black Canyons ist romantisch. Mule Deers schleichen im Halbdunkel seelenruhig durch den Campground, und ich setze mich wieder an den Gunnison River, um meine bald zu Ende gehende Reise Revue passieren zu lassen. Dabei stelle ich fest, dass der Herbst für mich immer noch die beste und schönste Zeit ist, um den Südwesten der USA zu bereisen. Die Temperaturen sind relativ milde, deshalb ist das Wandern auch tagsüber problemlos möglich. Die Farben und Konturen sind dank der niedrigeren Sonne und des Indian Summer kräftiger und ausgeprägter als im Sommer. Die Moskitos sind weitgehend verschwunden. Und dann ist natürlich alles ein bisschen billiger (Flug, Motel)
 
 
 
Ich fahre noch ein bisschen dem Canyon-Bottom entlang bis zum Staudamm, ruckle und zuckle die steile Strasse hinauf und verabschiede mich vom hierzulande (glücklicherweise) wenig bekannten National Park und von unzähligen Mule Deers.

Montrose liegt sehr schön in einer Hochebene auf 1740 m Höhe und wird von mehreren Gebirgen umgeben: Im Norden ist bei gutem Wetter die Grand Mesa (der grösste Tafelberg auf Erden) zu sehen, im Südwesten lockt das geheimnisvolle Uncompahgre Plateau, und im Süden und Südosten locken die majestätischen San Juan Mountains.
 
In Montrose futtere ich nach dem Motto "Ist das Frühstück opulent, wird der Gast rasch korpulent!" (...man gönnt sich ja sonst fast nichts). Ein Sturmtief mit Regen und Schnee ist im Anzug. Ich fahre deshalb nur bis Ouray, miete auf einem Campingground ein Häuschen direkt am Uncompahgre River und verbringe den Nachmittag mit allerlei.

Der Campground wird von zwei Herren aus Minnesota betreut. Brüder. Der 18-Jährige mit einem Hang zur Melancholie (wegen Bush und der Politik; ich gebe ihm einen Schweizer Bildkalender zum Trost) und der 25-Jährige im Hippie-Look mit Tabla und Hund.
Unterwegs nach Ouray
San Juan Mountains
Gegen Abend begebe ich mich ins Städtchen, auch bekannt unter dem Namen "Little Switzerland of America" und kippe ein Bier in der nächstbesten Bar. Mein Tresen-Nachbar entpuppt sich als interessanter Mix aus Amerikaner, Franzose und Apache und nötigt mich zur Einnahme eines weiteren Bieres; ich aber widerstehe und laufe zur nächsten Bar.

Dort ist einiges Volk am Trinken. Mein Tresen-Nachbar aus Ridgway kippt dauernd Bier und Whisky in sich hinein. Meine Frage, wie er denn so besoffen noch nach Ridgway fahren könne, beantwortet er mit einem glücklichen "...hicks... I will sleep HERE in Ouray ...hicks... with a friend! ...hicks...". Ein apartes Paar - sie Inderin, er Venezolaner - sorgt für internationales Flair; beide sind sehr nett und gesprächig. Draussen regnet es extrem. Der Hippie-Bruder vom Zeltplatz erscheint auch noch mit Tabla und Hund. Der Hund landet in meinem Mietauto; der Hippie samt Tabla landet in der Bar und beginnt auch zu saufen. Weitere Leute erscheinen, die Stimmung wird immer heiterer; ich setze mit reichlich Gerstensaft einen geistvollen Kontrapunkt zum Regen draussen; mein Nachbar aus Ridgway kippt plötzlich fast vom Hocker; und alle sind so locker...

Aber irgendwann ist halt Schluss!

und ich wackle mit Hippie, Hund und Tabla die Dorfstrasse hinunter zum Zeltplatz (Hippie: "Our Sheriff is very severe"), wärme die Spaghetti vom Vorabend auf, betäube mich vollends mit Whisky und schnarche dann, bis die Fensterscheiben aus dem Kitt fallen...