Improvisieren auf der Orgel
33.   Darf man das?
Machen Sie sich - trotz der Theorie in den vorigen Kapiteln - nicht zu viele Gedanken darüber, ob etwas richtig oder erlaubt oder zu schräg ist. "Darf man das?" oder "Kann man das?" oder "Ist das erlaubt?" sind Fragen, die sich viele Organisten leider zu häufig stellen. Meiner Meinung nach darf man alles und kann man alles. Es muss einfach gut und ansprechend klingen und vielleicht nicht allzu sehr aus dem koventionellen Rahmen fallen.

Bei Liedbegleitungen wird man allzu Schräges vermeiden, um die singende Gemeinde nicht zu verunsichern, bei Stücken aus der Volksmusik wird man eine möglichst einfache Harmonik anwenden und das Fuder nicht mit kunstvollen Schnörkeln aus der Klassik garnieren.

"Improvisieren" heisst nicht unbedingt, dass alles immer ex tempore - also aus dem Augenblick heraus, ohne Vorbereitung - gespielt werden muss. Man kann sich durchaus seine Improvisation zusammenschustern, aufschreiben, was nötig ist, und dann das Ganze immer auf die ungefähr gleiche Weise darbieten. Das kommt sogar im Jazz gelegentlich vor. Man denke nur ans Klarinettensolo im Dixieland-Klassiker "High Society", das seit Jahrzehnten von fast jedem Klarinettisten nachgespielt wird...
Hier sehen Sie eine der vielen möglichen Versionen des bekannten Gospelsongs. Zu diesen Akkorden könnte man singen.
...oder hier noch eine ganz schräge und komplizierte Variante. Das Mitsingen ist ziemlich schwierig.