Mittwoch   19. Oktober
Ein langer Tag
Manchmal macht sich die geplante Tagesroute selbständig, und abends ist man an einem ganz andern Ort. Jedenfalls geht es mir heute so. Aber zunächst fahre ich nach Bishop, einer recht grossen Ortschaft im Owens Valley. Dort erledige ich das Notwendige (Tanken - Lebensmittel einkaufen - Im McDonalds einen Cheeseburger und einen Kaffe genehmigen), und dann möchte ich eigentlich weiter südwärts bis zum Ricardo Campground und so an die Wärme fahren. Dort waren Martina und ich ja schon vor 2 Wochen.
 
Und so fahre ich bis Big Pine. Aber dort macht sich „mein” Dodge selbständig, biegt links ab und fährt auf der S-168 / S-266 in die Einsamkeit von Nevada. Ein kleiner Abstecher - noch in Kalifornien - führt mich zu den Bristlecone Pines (Grannenkiefern), die bis zu 4000 Jahre alt sein können!
 
 
Und weiter geht es, immer ostwärts bis zur vielbefahrenen US-95. Nordwärts geht es dann durch das kleine Westernkäffchen Goldfield bis Tonopah mit seinen rund 2200 Einwohnern und - wegen der Casinos - einer Menge Touristen. Dort kann ich in einem Burger King endlich wieder ins Internet.
 
 
Der Tag neigt sich dem Ende zu, und ich möchte noch bis zum Peavine Campground fahren. Das sind immerhin rund 50 Meilen. Einige Meilen tuckere ich auf der US-6 und gehe dann nordwärts auf der S-376 ins „Big Smoky Valley”. Es wird immer dunkler, und wie ich auf einer zunehmend rauheren „Dirt Road” in den Peavine Canyon hineinfahre, ist es stockdunkel. Ich finde den Zugang zu diesem verd... Campground einfach nicht, obwohl ich auf der linken Seite des Canyons ein, zwei Lichter sehe.

Irgendwann wird die Strasse für den Dodge unpassierbar, und ich muss umkehren. Da der Dodge SOOO lange ist, fahre ich auf dieser engen Strasse etwa 20 mal hin und her, bis die Schnauze endlich zum Canyon hinaus zeigt. Dann fahre ich ziemlich langsam ins Big Smoky Valley, und plötzlich kommt mir ein Auto entgegen! Ich denke: „Das gibt es doch nicht!”, kurble aber das Fenster hinunter und halte; der andere kurbelt seine Fenster auch hinunter, und so lerne ich Gerrit kennen.

Wir quatschen etwa eine halbe Stunde lang und trinken dabei Bier. Ich habe etwas Bedenken wegen Bier und Autofahren, aber Gerrit beruhigt mich und meint, in Nevada sei ein biertrinkender Auto-fahrer ABSOLUT keine Problem! Er raucht einen Stumpen, ich eine Zigarette. Gerrit ist „Mining Worker” und verdient dabei gut. Aufgewachsen ist er in der Goldgräberstadt Round Mountain. In der nahegelegenen Mine wird immer noch nach Gold geschürft.

Es ist Jagdsaison; deshalb campiert Gerrit im Moment im Peavine Campground. Er habe ausserdem „up in th mountains” ein sauteures Zelt (kostete etwa 4000 $) aufgestellt. Aber es sei Schnee und ein regelrechter Blizzard angekündigt; deshalb müsser er vorher noch in die Berge hinauffahren und sein Zelt abbrechen. Davor habe er ziemlich Schiss, denn auf den verschneiten Bergstrassen sei das Fahren ziemlich gefährlich.

Und so plaudern wir biertrinkend und entspannt in völliger Dunkelheit. Gerrit möchte mich sogar zu seinem Camper einladen. Er koche etwas, wir söffen dann noch etwas Whisky, und er habe eine Art Gästebett. Das Auto müsse ich allerdings hier parkieren, denn für den Dodge sei die Zufahrt zu seinem Camper Spot nicht möglich.

Ich bin fast versucht, die Einladung anzunehmen. Aber ich lasse den Dodge ungerne alleine in der Wldnis zurück. Und so bedanke ich mich, sage "Bye Bye", fahre hinaus zur S-376, fahre einige Meilen nordwärts, biege dann links ab und fahre bis zum Jett Canyon. Beim Eingang zum Canyon parkiere ich für diese Nacht.

Ein Bächlein plätschert fröhlich vor sich hin - eine Seltenheit im westlichen Nevada! Dann stelle ich mein Campingtischli auf, esse Knäckebrot und Käse und trinke Rotwein dazu. Und am Schluss dröhne ich mich noch mit „Jim Beam” zu und schlafe herrlich und selig in voller Montur auf dem Vordersitz.