2. Klangfarbe, Lautstärke und Hüllkurve der Orgelregister
Der klingende Teil einer Kirchenorgel sind die
Pfeifen. Dabei sind die Pfeifen in Reihen angeordnet, die man
Register nennt. Eine Register hat in der Regel pro Taste
eine Pfeife. Das heisst,
ein Manualregister hat 56 Pfeifen, ein Pedalregister 30 Pfeifen. Die Pfeifen eines Registers unterscheiden sich in der Länge und im Durchmesser,
aber
in der Konstruktion sind sie gleich oder ähnlich, damit alle Pfeifen vom tiefsten bis zum höchsten Ton
eine gleiche oder gleichartige
Klangfarbe erzeugen.
Es gibt aber auch Register mit mehreren Pfeifen oder
Chören pro Taste. Sie tragen so schöne Namen
wie "Sesquialter - Mixtur - Zimbel - Kornett" und dergleichen.
Bekanntlich gibt es
Lippenpfeifen (Labialpfeifen) und
Zungenpfeifen. Die Labialpfeifen
heissen so, weil sie im unteren Teil eine mundähnliche Öffnung haben, das Labium. Die sehr metallisch klingenden Zungenpfeifen haben im
Pfeifenfuss eine Messingzunge, die durch den einströmenden Wind zum Vibrieren gebracht wird.
Im Orgelbau nennt man das Verhältnis von Durchmesser zur Länge
Mensur. Eine
weite Mensur entsteht
bei einem grossen Durchmesser, eine
enge Mensur bei einem kleinen Durchmesser. Die Mensur hat - vor allem bei den
Labialpfeifen - entscheidenden Einfluss auf die Klangfarbe einer Pfeife. Allgemein gilt: Je weiter die Mensur, umso weicher,
obertonärmer und verschmelzungsfähiger ist der Klang. Je enger die Mensur, umso schärfer, obertonreicher und charakteristischer wird der Klang.
Natürlich gibt es noch weitere Parameter, die Klang und Lautstärke einer Pfeife bestimmen:
Winddruck: Je stärker der Winddruck, umso lauter der Ton. Es gab und gibt Orgeln, wo eine einzelne
Hochdruck-Tuba ("Tuba mirabilis") die ganze restlich Orgel übertönen kann! Die Pfeifenöffnung am Fuss der Pfeife hat ebenfalls
Einfluss auf die Lautstärke. Eine kleine Öffnung lässt nur wenig Wind durch; entsprechend leise klingt die Pfeife.
Pfeifenform: Die "normale" Metallpfeife hat eine zylindrische Form. Daneben gibt es auch trichterförmige und
konische Pfeifen.
Gedeckte Pfeifen: Wird eine oben offene Pfeife zugedeckt, sinkt ihr Ton um ca. eine Oktave. Im Klang wird sie dunkler,
da nur noch die ungeradzahligen Teiltöne erzeugt werden. Eine speziell gedeckte Pfeife ist die "Rohrflöte". Hier ist ein oben offenes Röhrchen
in den Pfeifendeckel eingelötet.
Labium und Aufschnitt: Jede Labialpfeife ("Lippenpfeife") hat vorne eine Öffnung, ähnlich einem Mund. Dieses
"Labium" beeinflusst ebenfalls Klang und Laustärke.
Die Orgel ist scheinbar ähnlich wie ein Klavier. Aber nur scheinbar, denn beim Klavier erklingt der Ton beim Tastenanschlag
ziemlich sofort und klingt dann mehr oder weniger langsam aus. Bei der Orgel hingegen kommt der Ton - je nach Tonhöhe -
mit einer kleinen Einschwingzeit, bleibt dann beliebig lange "stehen", und beim Loslassen der Taste klingt er unmerklich schnell
aus. Je nach Grösse der Kirche klingt der Ton anschliessend noch nach.
Beim Klavier kann man also einen vollgriffigen Akkord spielen, der - beginnend mit den hohen Töne - nach einiger Zeit
total verschwindet. Da kann man die Tasten noch so lange gedrückt halten, es passiert einfach nichts mehr. (Die Saiten werden allerdings wieder
in leise Vibration versetzt, wenn man die passenden Töne ins Klavier hineinsingt.)
Bei der Orgel kann man denselben Akkord beliebig lange aushalten; er wird erst beim Loslasen der Tasten ausklingen und -
je nach Kirchenhall - nachklingen.
Es gibt also zwei entscheidende Momente bei der Orgel, nämlich das Drücken und dann das Loslassen der Taste. Bei Synthesizern und anderen via
MIDI kommunizierenden elektronischen Musikinstrumenten spricht man von Note On und Note Off.
Wir haben hier also zwei unterschiedliche Hüllkurven, die Klavier- und die Orgel-Hüllkurve.